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Planungsprozesse bei Dialyse(neu)bauten.

OPTIMIERUNG DER PLANUNGSPROZESSE BEI DIALYSE(NEU)BAUTEN.

© Rawpixel | Unsplash.com

Dialyse(neu)bauten sind hochkomplexe Bauvorhaben, die eine detaillierte Planung unter medizinischen, gesundheitspolitischen, wirtschaftlichen, hygienischen, technischen, funktionalen und ästhetischen Gesichtspunkten erfordern. Dialyseeinrichtungen werden häufig als Mietobjekt, beispielsweise in Ärztehäuser integriert. Bei dieser Konstellation müssen zu einem frühen Zeitpunkt die richtigen Weichen gestellt werden, um einen reibungslosen Planungs- und Bauprozess zu gewährleisten.

1. ALLGEMEINER ABLAUF DES PLANUNGS- UND BAUPROZESSES

Die Phasen für die Entwicklung eines beliebigen Bauprojektes sind in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (www.hoai.de) in 9 Leistungsphasen (siehe Tab. 1) genau beschrieben.
Die HOAI regelt, was ein Architekt wann zu tun hat, welche Zeichnungen er erstellen muss, welche Kostenermittlungen er wann liefern muss. Also, welche Leistungen zum Standard-Paket gehören und welche nicht. Die gleichen Phasen durchlaufen alle Fachingenieure, die an einem Gebäude oder einer neuen Dialyseeinrichtung planen (z.B. Fachingenieure für Medizintechnik). Wichtig ist, dass mit jeder Leistungsphase die Entscheidungen und Pläne detaillierter und umfangreicher werden. Dadurch nimmt auch die Genauigkeit der Kostenermittlungen zu.

2. HONARAR FÜR DIE PLANUNG

Das Honorar für Architekten und alle Fachplaner wird, getrennt für die einzelnen Leistungsphasen, nach den so genannten anrechenbaren Kosten ermittelt. Diese werden i.d.R. der Kostenberechnung aus der Leistungsphase 3 entnommen.

Im Gegensatz zur früheren HOAI erhält der Architekt nach HOAI 2009 nicht automatisch mehr Geld, je mehr der Bau am Ende kostet.

Trotzdem ist sein Honorar kein Festpreis. Wenn sich die Aufgabenstellung nach der Erstellung der Kostenberechnung ändert, muss auch das Honorar entsprechend neu berechnet werden.

Tab. 1 HOAI Leistungsphasen für die Entwicklung eines Bauprojekts

3. MÖGLICHKEITEN DER BEAUFTRAGUNG

Zur Beauftragung eines Architekten bzw. Fachplaners gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Pauschalen für kleinere, in sich abgeschlossene Aufträge mit genauer Aufgabenbeschreibung
  • Tagessätze für Beratungsleistungen
  • HOAI nach Leistungsphasen oder komplett

Die Zusammenfassung von verschiedenen Planungs- und Bauleistungen aus einer Hand kann ebenfalls unterschiedlich erfolgen:

  • Generalplaner (GP) verschiedene Planungsfachdisziplinen
  • Generalunternehmer (GU) verschiedene Baugewerke aus einer Hand
  • Generalübernehmer (GÜ) Planungsfachdisziplinen und Baugewerke aus einer Hand

Da die meisten Bauherrn keine Baufachleute sind und täglich einer anderen Arbeit nachgehen müssen, empfiehlt sich grundsätzlich die Beauftragung eines Fachmanns. Dieser sollte ein Architekt oder Fachingenieur sein, der sich um den Planungs- und Bauprozess kümmert.

Auch als Mieter ist es wichtig, einen eigenen Planer zu beauftragen, der sich ausschließlich seinem Bauherrn verpflichtet fühlt. Er ist sozusagen der „Anwalt seines Bauherrn“.

4. VERTRAG ZWISCHEN MIETER UND VERMIETER

Um die Entwicklung eines Bauprojektes zu ermöglichen, müssen erste vertragliche Bindungen zwischen Vermieter (Investor) und Mieter (Dialyse) sehr früh, oft vor dem eigentlichen Planungsbeginn, geschlossen werden (Vorvertrag oder Absichtserklärung).
Hierin werden u.a. eine bestimmte Mindestausstattung des Mietobjektes und der Grund-Mietpreis festgelegt. Dabei können funktionale, technische, hygienische oder medizinische Notwendigkeiten oder spezielle Wünsche der Betreiber oft noch nicht berücksichtigt werden. Dies birgt Konfliktpotenzial.

Ein Beispiel:

Im Vorvertrag ist ein Standard-PVC-Belag festgelegt. Die Dialyseeinrichtung benötigt jedoch einen speziell beschichteten und ableitfähigen Bodenbelag. Der Vermieter muss nachträglich einen nachvollziehbaren Mehrpreis je m² aufstellen.

Jetzt stellt sich die Frage: Wird der berechnete Mehrpreis an den Mieter weitergeben oder wird bis zur Angebotsabgabe der Firmen gewartet, wo der Mehrpreis je m² abgefragt werden kann?

Die Erfahrung zeigt, dass die zunächst fair klingende Angebotsvariante für den Mieter ungünstig ausgehen kann. Die Gefahr besteht, dass Firmen diese nachträglichen Mehrpreise aus taktischen Gründen höher als angemessen kalkulieren. Sollte dem Mieter der Preis zu hoch erscheinen, kann er den gesamten Bodenbelag selbst verlegen und nicht beim Vermieter zukaufen. Doch eine Frage bleibt: Zu welchem Preis lässt sich der unbeschichtete PVC-Bodenbelag aus dem Ursprungs-Paket des Vorvertrags herausrechnen? Oft existiert aus dem Vorvertrag hierzu keine nachvollziehbare Basiskalkulation und detaillierte Festschreibung von Einheitspreisen.

5. EMPFEHLUNG ZUR AUFTEILUNG DER PLANUNGSFACHDISZIPLINEN

Die Lösung liegt in einer detaillierten Bau- und Ausstattungsbeschreibung mit der Vereinbarung genauer Leistungsgrenzen. Dabei muss die Ausstattung im ersten Vertrag noch nicht bis ins Detail festgelegt werden. Es genügt, die Planungsfachdisziplinen und Gewerke frühzeitig in die Kategorien zentral (gesamtes Gebäude) und dezentral (Mieteinheit Dialyse) aufzuteilen. Wichtig hierbei ist eine klare Schnittstelle zur Abgrenzung der zentralen und dezentralen Leistungen. Zentral wird die Grundausstattung des Gebäudes und ein Basismietpreis festgelegt. Die Planung der dezentralen Gewerke kann durch den Mieter in Ruhe und vor allem dialysespezifisch vorgenommen werden. Somit hat er die Übersicht über die Kosten und kann auch einzelne Bauleistungen selbst beauftragen. Aufgrund unterschiedlicher Abschreibungsfristen ist es ratsam, hierzu den Steuer- oder Wirtschaftsberater in die Planung einzubeziehen.

Dialysespezifische Fachdisziplinen sollten aus dem Gesamtgebäude herausgelöst und nur für die einzelne Mieteinheit ausgeführt werden (Tab. 2). Dies gilt für die Planung des raumbildenden Ausbaus, die Elektrofachplanung, Planung der Medizintechnik und der Inneneinrichtung (Möblierung). Natürlich muss im gesamten Planungs- und Bauprozess eine enge Zusammenarbeit und ein ständiger Informationsaustausch der Planer des Gebäudes und der Dialysefachplaner erfolgen.

Abb. 1 Die Idee „Neubau eines Ärztehauses mit Dialyse“

6. BESONDERHEITEN DER DIALYSESPEZIFISCHEN FACHPLANUNG

Die frühzeitige Einbeziehung eines Fachplaners mit Dialyseerfahrung gibt weiterhin die Gewähr, dass die nicht unerheblichen Dialysespezifika von Anfang an berücksichtig werden:

Flächenplanung

  • Optimierte Flächen in den unterschiedlichen Funktionsbereichen
  • Bewegungsflächen und Mindestabstände
  • Barrierefreies Bauen, Bewegungsflächen und Räume für Rollstuhlfahrer

Gesetze und Vorschriften

  • Landesbauordnung, Sonderbauverordnungen, Brandschutzvorschriften
  • Arbeitsstättenrichtlinien
  • Hygienevorschriften (Robert-Koch-Institut (RKI), Leitlinie für angewandte Hygiene in Dialyseeinrichtungen)
  • ISO und DIN-Normen

Erschließungsplanung / Trennung der Wege

  • Patienten (Umkleide, Wartebereiche)
  • Begleitpersonen (Krankentransport, Taxi, Wartebereiche)
  • Ver- und Entsorgung (Zentrallager, Zwischenlager, Bettwäsche, Güterverkehr, Abfallbeseitigung…)
  • Arbeitsabläufe Personal (Anmeldung, Überwachung, Umkleide, Pausenbereiche)

Technische Einbauten

  • Wasseraufbereitung
  • Medienversorgung
  • Abflusssysteme
  • Elektroausstattung, EDV, TV
  • Patientenruf

Inneneinrichtung

  • Dialyse-Möbelsysteme, Einbauten, Schwesterndienstplätze, Empfangstresen
  • Ergonomie
  • Beleuchtungskonzept
  • Farb- und Materialkonzept

Durch die Beachtung aller dieser Punkte wird auch der finanzielle Rahmen von Anfang an korrekt beschrieben und die betriebswirtschaftliche Planung der neuen Einrichtung auf eine stabile Basis gestellt. Nachträgliche Planungskorrekturen werden vermieden oder weitgehend reduziert.
Zusätzlich sollte der Mieter-Fachplaner neben der Planung auch in den Bauprozess involviert werden. Als „Anwalt des Mieters“ übernimmt er den Soll-Ist-Vergleich von Planung und Ausführung und berät den Mieter bei allen auftretenden Fragen, unabhängig ob der Vermieter oder der Mieter selbst die Ausführung der Gewerke beauftragt.

Fazit: Je früher ein eigener Fachmann für die Dialyseplanung einbezogen wird, desto frühzeitiger können die Konfliktpunkte entschärft, der korrekte Investitionsbedarf ermittelt und Kosten gespart werden.

Tab. 2 Obligatorische Planungsfachdisziplinen am Beispiel „Neubau eines Ärztehauses mit Dialyse“

7. MODULARES PLANUNGSKONZEPT FÜR DIALYSE-EINRICHTUNGEN

Aufgrund der häufig wiederkehrenden Fragestellungen hat die Firma Phoenix Pure Water gemeinsam mit der Autorin ein modulares Planungskonzept für den komplexen raumbildenden Ausbau von Dialyseeinrichtungen entwickelt. (Abb. 3) Die Planungsmodule können individuell an das Bauvorhaben angepasst und aufeinander aufbauend beauftragt werden.
Phoenix Pure Water ist seit 8 Jahren im Bereich Dialyseeinrichtung tätig. Begonnen hat alles mit dem „Herz“ der Dialyse, der Wasseraufbereitung.

Phoenix Pure Water ist durch sein flexibles Netzwerk an Partnern in der Lage, Dialyseeinrichtungen als Generalunternehmer (alle Bauleistungen) oder Generalübernehmer (Bau- und Planungsleistungen) zu übernehmen.
Heute gehört zum Leistungsspektrum die Projektierung und das Projektmanagement von Dialyseneubauten, die technische Spezialausstattung, die Inneneinrichtung und Möblierung von Dialyse und Praxis sowie der zeitoptimierte Umbau von Dialyseeinrichtungen im laufenden Betrieb mittels spezieller technischer Verfahren.

Tab. 3 Modulares Planungskonzept

ZUSAMMENFASSUNG

1. Binden Sie frühzeitig eigene Fachplaner in den gesamten Prozess ein.
2. Beauftragen Sie Ihre Planer möglichst für den gesamten Prozess – Planung und Bauleitung.
3. Trennen Sie sauber die Zuständigkeiten zwischen Mieter- und Vermieter-Planung bzw. Mieter- und Vermieter-Gewerken schon im Vorvertrag
4. Beauftragen Sie gegebenenfalls bestimmte Ausbauleistungen selbst.
5. Entscheiden Sie, wie viel Zeit Sie für den Bauprozess aufbringen können und welche Pakete für Planung und Ausbau Sie „aus einer Hand“ benötigen.

Dieser Artikel erschien in seiner ursprünglichen Form im Fachmagazin „Spektrum der Dialyse“ Ausgabe 02 / September 2011. Autoren: Ute Thijsse-Noth (Dipl.-Ing. Architektin), Falk Sommer (Dipl.-Ing. (FH) Medizintechnik). Er steht Ihnen im Original im Downloadbereich zur Verfügung.